Online zum Arzt Wenn Video­sprech­stunden den Praxis­besuch ersetzen

Online zum Arzt - Wenn Video­sprech­stunden den Praxis­besuch ersetzen

Telemedizin. Viele Patienten nutzen die Möglich­keit, mit einem Online-Arzt oder einer Ärztin per Video­chat zu sprechen. © Getty Images / Luis Alvarez

Video­sprech­stunden können eine echte Alternative zum Praxis­besuch sein. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte bieten sie an. Wir sagen, wann Behand­lung per Video möglich ist.

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Liste der 4 getesteten Produkte
Telemedizi­nische Platt­formen 2022
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Die digitale Welt macht auch vor den Arzt­praxen nicht Halt, zum Vorteil von Patientinnen und Patienten, die einen Praxis­besuch vermeiden wollen und können. Mitt­lerweile dürfen Ärztinnen und Ärzte aller Fach­richtungen Video­sprech­stunde in den Fällen nutzen, in denen sie es therapeutisch für sinn­voll erachten. Seit April 2025 gilt das sogar für Nuklearmediziner. Eine Einschränkung auf bestimmte Indikationen gibt es nicht mehr. Nur Labor­ärzte, Pathologen und Radio­logen dürfen keine Leistungen per Video­sprech­stunde erbringen. Praktisch: Patienten, die zuvor noch nie in einer bestimmten Praxis waren, können dort nun ebenfalls mittels Video­sprech­stunde behandelt werden.

Video­sprech­stunde beim Psycho­therapeuten

Spricht aus psycho­therapeutischer Sicht nichts dagegen, ist es auch Psycho­therapeutinnen und Psycho­therapeuten erlaubt, fast alle Leistungen aus der Psycho­therapie-Richt­linie mittels Video­sprech­stunde anzu­bieten:

  • Psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen, also die ersten „Probesit­zungen“, in denen sich Behandler und Patient kennen­lernen.
    Ausnahme: Vor allem die erste Sprech­stunde oder die erste probatorische Sitzung sollen möglichst mittels persönlichem Kontakt in der Praxis statt­finden.
  • Psycho­therapeutische Akutbe­hand­lungen.
  • Einzel- und Gruppenpsychotherapien, fach­gruppen­spezi­fische Einzel­gesprächs­leistungen und weitere psycho­therapeutische Leistungen, etwa Entspannungs­verfahren.
    Einschränkung bei Gruppen­therapien: Bei Video­behand­lungen dürfen maximal acht Personen plus eine Therapeutin oder ein Therapeut teilnehmen.

Telemedizin: Das sind die Voraus­setzungen

  • Zertifizierter Dienst­leister. Ärzte oder Psycho­therapeuten müssen zur Abwick­lung einen Video­dienst­anbieter auswählen, der von der Kassen­ärzt­lichen Bundes­ver­einigung (KBV) zertifiziert ist. Dieser sorgt für einen reibungs­losen und sicheren tech­nischen Ablauf der Video­sprech­stunde.
  • Tech­nische Ausrüstung. Es reichen Smartphone oder Tablet, da die meisten Anbieter den Service per App anbieten. Eine weitere zusätzliche Software ist nicht notwendig.

Vor drei Jahren haben wir telemedizi­nische Platt­formen, die solche Fernbe­hand­lungen anbieten und organisieren, untersucht und bewertet. Es ist allerdings nur noch einer der Anbieter von damals am Markt:

Telemedizin-Platt­formen im Test

  • Test­ergeb­nisse. Die Stiftung Warentest testete im Jahr 2022 vier Telemedizin-Platt­formen: Fern­arzt, Kry, Teleclinic und Zava. Sechs Test­personen nutzten im Test­zeitraum jeweils verdeckt die Video­sprech­stunden, zwei medizi­nische Fach­gut­achter und weitere Experten, etwa für den Daten­schutz, werteten sie aus. Nur Teleclinic schnitt gut ab. Das ist auch der einzige Anbieter im Test, der weiterhin so am Markt ist. Kry und Zava bieten seit Januar 2023 keine Video­sprech­stunde in Deutsch­land mehr an. Fern­arzt stellte seinen Service im Dezember 2023 ein (mehr dazu weiter unten im Text).
  • Heft­artikel. Das PDF zum Testbe­richt aus Heft 7/2022 kann kostenfrei herunter­geladen werden.

In welchen Fällen sind Sprech­stunden online möglich?

Die Rege­lungen zur Video­sprech­stunde sind im Vergleich zu 2022 deutlich flexibler geworden. Rück­wirkend zum Januar 2025 entfiel beispiels­weise die patienten­über­greifende Begrenzung von Leistungen im Video­kontakt. Ärzte und Psycho­therapeuten können jetzt einzelne Leistungen häufiger oder sogar komplett in der Video­sprech­stunde anbieten. Seit April 2025 können sie zudem bis zu 50 Prozent ihrer Patienten pro Quartal per Video­sprech­stunde behandeln – egal ob Patientin oder Patient in der Praxis bekannt ist oder nicht.

Zusätzlich zum klassischen Besuch bei Ärzten sind Video­sprech­stunden auch bei folgenden Behand­lungen, Verordnungen oder Kursen regelhaft möglich:

  • Heil­mittel­therapien, wenn diese aus therapeutischer Sicht statt­finden können und der Versicherte einge­willigt hat. In der Physio­therapie gilt dies etwa für Krankengymnastik für Einzel­personen und Gruppen, bei Mukoviszidose, Bobath (für Kinder und Erwachsene) sowie manueller Therapie. Aber etwa auch Ergo­therapie und Ernährungs­beratung sind in gewissem Umfang per Video­behand­lung möglich.
  • Heb­ammen können ebenfalls mit ihren schwangeren Patientinnen vereinbaren, dass bestimmte Leistungen per Video erbracht werden. Ab November 2025 regelt ein neuer Vertrag weitere Details. Ab dann können Heb­ammen außerdem auch bei Geburts­vorbereitungs- und Rück­bildungs­kursen für bis zur Hälfte der Kurse Selbst­lern­einheiten (Video­tutorials) anbieten.
  • Präventions­kurse von Krankenkassen können meist auch per Video durch­geführt werden. Oft sind das Angebote, die von der Zentralen Prüfstelle Prävention geprüft und zertifiziert sind.
  • Zahn­ärzte. Video­sprech­stunden sind auch bei der Zahn­ärztin oder dem Zahn­arzt möglich. Bisher gilt dies aber nur für Versicherte mit Pflegegrad oder mit Behin­derungen, wenn sie Einglie­derungs­hilfe erhalten. Ohne viel Aufwand kann etwa der Erst­kontakt per Video erfolgen, ebenso die Nach­kontrolle einer Behand­lung oder eine erste Beratung bei der Versorgung mit Prothesen. Auch Video­fall­konferenzen zwischen Zahn­arzt und Personal in Pfle­geheimen sind möglich, um einen Behand­lungs­bedarf von Pfle­geheimbe­wohnern zu klären.

Tipp: Alle Infos zu Krankenkassen finden Sie kostenlos in unserem Special Gesetzliche Krankenversicherung.

Wer die Kosten über­nimmt

Behandelt eine Ärztin ihre gesetzlich versicherten Patienten auch per Video­sprech­stunde, ist das grund­sätzlich eine Kassen­leistung, für die Versicherte nicht extra zahlen müssen.

Wie finde ich einen Arzt, der das anbietet?

Bietet der eigene Haus- oder Fach­arzt noch keine Video­sprech­stunde an, können sich Versicherte auch an eine andere Ärztin oder Arzt wenden. Portale wie Arzt-Direkt, Doctolib, Jameda oder Dr. Flex listen Ärzte auf, die Video­sprech­stunden anbieten. Oft können Versicherte über das Portal auch gleich einen Termin für die Video­sprech­stunde buchen. Ist der eigene Arzt dort schon gelistet, können Patienten über das Portal bei diesem eine Video­sprech­stunde buchen oder sich ansonsten einen anderen Behandler auswählen.

Auch hier gilt: Video­sprech­stunden, die Versicherte über die Portale gebucht und genutzt haben, sind eine Kassen­leistung, wenn es sich um Ärzte mit Kassen­zulassung handelt und diese ihre Video­sprech­stunde in diesem Rahmen anbieten.

Tipp: Wir haben sieben Arzttermin-Portale getestet und geben wichtige Hinweise für Patienten.

Video-Chat über die Krankenkasse

Die meisten der insgesamt 67 Kassen aus unserem Krankenkassenvergleich bieten ihren Versicherten die Möglich­keit, per Video­chat mit Ärzten verschiedener Fach­richtungen zu sprechen. Auch hier koope­rieren die Krankenkassen meist mit spezialisierten Anbietern für Video­sprech­stunden.

Bei manchen Kassen können Versicherte das Online-Beratungs­angebot voll­umfäng­lich nutzen, manchmal aber auch nur für bestimmte medizi­nische Fach­richtungen oder spezielle Angebote, wie die Betreuung durch Heb­ammen.

Angebote per Telefon

Versicherte können auch über ihre Krankenkasse mittel Telefon Kontakt zu Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fach­richtungen aufnehmen. Die meisten Kassen bieten eine Telefonhotline, unter der Ärztinnen zu medizi­nischen Fragen beraten. Die Krankenkassen beschäftigen dabei meist nicht selbst Ärzte, sondern sie koope­rieren mit externen Beratungs­zentren.

Tipp: Unser Krankenkassenvergleich nennt alle Kassen, die Video­chat, Medizinhotline oder andere Angebote der Telemedizin als Extra­leistung bieten. Die Daten­bank enthält für jede dieser Kassen Informationen über die Art des Angebots, Sprech­zeiten und Kontakt­möglich­keiten.

Telemedizi­nische Platt­formen

Nur noch Teleclinic

Von den vier Unternehmen im Test für einen virtuellen Arzt­besuch ist heute nur noch Teleclinic aktiv. Kry, Zava und Fernarzt haben ihre Angebote entweder einge­stellt oder bieten sie nur noch einge­schränkt an. Kry etwa hat sein Angebot deutsch­land­weit bereits im Dezember 2022 komplett beendet. Bei Zava ist die Video­sprech­stunde per App nicht mehr möglich.

Gründe für das Aus

Zava begründete das Aus der Video­behand­lung unter anderem mit der damals bestehenden Mengen­beschränkung – Kassen­ärzte durften nur etwa ein Drittel ihrer Patienten per Video behandeln. Und auch andere strukturelle Anforderungen würden die Angebote an Video­sprech­stunden für Ärzte erschweren. Auch Kry begründet den Schritt mit veränderten Markt­bedingungen. Das Unternehmen ist derzeit gar nicht mehr in Deutsch­land aktiv.

Behand­lung per Fragebogen

Zava bietet über das Internet noch die Möglich­keit einer Fernbe­hand­lung für etwa 35 medizi­nische Anliegen an, auch für eine Rezept­anfrage. Patienten müssen zuvor einen Fragebogen ausfüllen und relevante Gesund­heits­fragen beant­worten. Eine Ärztin sieht sich die Anfragen an, kontaktiert Patientin oder Patient gegebenenfalls über deren Account und stellt ein Rezept aus, wenn aus medizi­nischer Sicht nichts dagegen spricht. Oft wird das Rezept gleich auf elektronischem Weg an eine Apotheke vers­endet, die dann die Medikamente an die Patienten verschickt.

Ein weiterer Anbieter im Test war Fernarzt. Auch dieser bot eine Video­sprech­stunde bei vielen Beschwerden an – allerdings nicht über eine App, sondern über den Browser von PC, Tablet oder Smartphone. Für eine Rezept­anfrage mussten Patienten einen Fragebogen ausfüllen. Mitt­lerweile hat sich Fern­arzt auf die Behand­lung von Long-Covid spezialisiert, bietet keine klassische Video­behand­lung mehr an.

Was kostet das?

Für die Video­sprech­stunde fallen unterschiedlich hohe Kosten an – je nach Umfang und Sprech­zeit und nach Art der Kranken­versicherung. Gesetzlich Kranken­versicherte können in der Regel ihre Versichertenkarte vorzeigen und die Kasse über­nimmt die medizi­nische Behand­lung per Video. Ist kein Termin für Kassenpatienten oder für bestimmte Leistungen verfügbar, müssen sie den Online-Arzt­besuch selbst bezahlen – wie ein Privatpatient.

Privatversicherte können sich oft einen Teil oder sogar die kompletten Kosten für eine Video- oder Telefonbe­hand­lung erstatten lassen. Auch digital verordnete Medikamente können beim privaten Krankenversicherer einge­reicht werden.

Elektronische Krank­schreibungen

Mitt­lerweile sind über Video­sprech­stunden auch elektronische Krank­schreibungen (eAU) möglich. Diesen senden die Online­ärzte wie nieder­gelassene Ärzte direkt an die Krankenkasse und sie erhalten eine Kopie in ihrem Nutzer­konto.

Wichtig: Die Krankschreibung per Video­call gilt nur für maximal drei Tage. Stellen Video­behandler noch private Arbeits­unfähigkeits­bescheinigungen aus, sind diese für den Arbeit­geber recht­lich gültig. Sie werden in der Regel für drei bis sieben Tage ausgestellt.

Achtung: Die Krankenkasse akzeptiert die privaten Bescheinigungen nicht für Krankengeld, das Sie beantragen oder verlängern möchten. Dafür müssen Sie dann eventuell eine nieder­gelassene Ärztin aufsuchen.

Spezielle Koope­rationen mit Krankenkassen

Einige Krankenkassen haben spezielle Koope­rationen mit dem Anbieter Teleclinic. Ihre Versicherten können dann meistens das jeweilige Angebot in vollem Umfang nutzen – und etwa auch nachts ohne zusätzliche Kosten einen Arzt sprechen.
Hinweis: In unserem Krankenkassenvergleich sind diese Koope­rationen aufgeführt.

Docdirekt: Modell­projekt in Baden-Württem­berg

Gesetzlich Kranken­versicherte aus Baden-Württem­berg können einen virtuellen Arzt­besuch mittels Docdirekt vereinbaren – ohne zusätzliche Kosten. Ursprüng­lich war das ein befristetes Angebot der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Die KVBW entschied sich aber kürzlich dafür, Docdirekt ohne Enddatum weiterzuführen.

Wie funk­tioniert das?

Docdirekt funk­tioniert ähnlich wie Teleclinic. Versicherte laden zunächst die entsprechende App herunter und registrieren sich mit ihren Kranken­versicherungs-Daten. Danach können sie einen Video­anruf tätigen, der von einer speziell geschulten medizi­nischen Fach­angestellten (MFA) angenommen wird, die Personalien und Krank­heits­symptome aufnimmt und die Dringlich­keit klärt. Bei Bedarf verabredet die MFA mit dem Patienten eine Rück­rufzeit, zu der sich ein Tele-Arzt meldet.

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5 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • jimbob24 am 26.06.2022 um 15:40 Uhr
    Nicht erbrachte Leistungen

    Ihr Hinweis im Artikel zu Videosprechstunden aus 07/22, das gelegentlich nicht erbrachte Leistungen abgerechnet werden, verwundert kaum. Als Privatversicherter und beihilfeberechtigter Beamter erhalte ich zunächst alle Rechnungen. Hinweise an die PKV und Beihilfe, dass zweifelsfrei nicht erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt wurden, interessieren dort nicht. Lieber wird gezahlt, als sich Ärger einzuhandeln. Was man dann selber gegenüber dem Arzt bereit ist zu zahlen interessiert dort nicht.

  • informiert am 26.11.2020 um 11:46 Uhr
    Datenschutz Gesundheitsdaten

    Liebe Redaktion,
    würden Sie bitte zusätzlich Aspekte zum Datenschutz bewerten? Gerade die Gesundheitsinformationen sind sehr sensibel, und können schlecht geschützt z.B. bei Erbkrankheiten negative Folgen auch für weitere Menschen haben.
    Danke.

  • Andreas-Schmied am 03.07.2020 um 11:57 Uhr
    Nix kostenlos

    Im Beitrag S. 83 aus Heft 7/20 (den ich online nicht finde, deshalb kommentiere ich hier) heißt es Kry und Zava seien für Privatpatienten meist kostenlos. Das ist eine sehr fragwürdige Aussage. Gemeint ist wahrscheinlich, dass die Online-Sprechstunden eine erstattungsfähige Versicherungsleistung sind, oder? So kann man es ja auch diesem Online-Artikel hier entnehmen. Für eine Redaktion aus Finanz- und Versicherungsexperten finde ich auch die Aussage "für Kassenpatienten kostenlos" sehr fragwürdig. Eine bezahlte Versicherungsleistung ist nicht kosternlos.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 04.05.2020 um 15:31 Uhr
    Bitte versuchen Sie es noch einmal

    @dadax: Gerade eben hat der Link funktioniert. Versuchen Sie es bitte noch einmal.
    Bitte versuchen Sie den Aufruf des Links einmal mit dem Chrome oder Firefox-Browser*, wenn Sie einen anderen Browser nutzen. Das Problem, des Aufrufes des Links über Edge haben wir gefixt. * (maa)

    *ergänzt am 29.5.2020

  • dadax am 04.05.2020 um 14:43 Uhr
    Toter Link

    Der Link https://www.minxli.com/ führt ins Nichts.